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Warum die Stimme Ihr Erfolgsfaktor ist

Veröffentlicht von Mario Büsdorf am

Mario Büsdorf Körpersprache und Einwände

Montagmorgen, ca. 9.30 Uhr.

Tinnitusgefahr!

Ein Maschinenbauunternehmen. 
Ich betrete das Einzelbüro eines Key-Accounters; dort bin ich als Trainer tätig.

Was ich sehe, lässt bei mir innerlich sofort die Alarmglocken schrillen.

  • Das Erste was ich wahrnehme, sind hängende Schultern.
  • Das Zweite ist die Kopfhaltung, die nach vorne geneigt ist.
  • Das Dritte sind hängende Mundwinkel und ein leerer Blick.
  • Das Vierte ist die Stille.

Würde Niedergeschlagenheit sich als Lautstärke äußern, müsste ich jetzt die Ohren zuhalten. Tinnitusgefahr.

Mit dem Key-Accounter arbeite ich schon einige Wochen. Ich kenne seine Baseline für Gestik, Mimik und die Stimme. Daher kann ich die Veränderung an diesem Montag sofort erfassen. Seine Körpersprache in diesem Moment zu deuten war nicht schwer.

Die Stimme leise, der Blick leer

In seiner Funktion hat er zwei Wochen zuvor telefonisch einen Ersttermin mit dem Geschäftsführer eines potenziellen Neukunden ausgemacht. Da dieser Neukunde sehr lukrativ sein könnte, war die Vorfreude auf diesen Termin entsprechend groß. Der Termin würde am Donnerstag der folgenden Woche stattfinden.

Ausgerechnet am Freitagnachmittag der Vorwoche sendete der Geschäftsführer eine Mail, in der er den Termin absagt. Grund: er habe intern mit seinen Fachabteilungen gesprochen. Ein Produkt, wie es das Unternehmen des Key-Accounters herstellt, brauche man nicht. Es sei bereits eines von einem Mitbewerber im Einsatz, damit sei man zufrieden. Der Key-Accounter war daraufhin sehr überrascht und verärgert.

Jetzt möchte er reagieren, er möchte den Termin zurück. Er habe aber keine Idee, wie er das machen kann. Die Niedergeschlagenheit steht ihm ins Gesicht geschrieben. Hier im Rheinland sagt man dazu „ein Häufchen Elend“. In diesem Moment entspricht seine Körpersprache seinen Worten. Er sagte wirklich „ich MÖCHTE den Termin zurück…“. Unter normalen Umständen hätte er gesagt, ich WILL den Termin zurück.

Die Stimme transportiert Emotionen rücksichtslos

Unsicherheit oder Niedergeschlagenheit schlägt sofort auf die Stimme. Der Kunde würde seine Unsicherheit sofort hören. Mir ist klar, wenn er in diesem Zustand zum Hörer greift und den Geschäftsführer anruft, wird er eine schallende Ohrfeige kassieren.

Unsichere Verkäufer bekommen keine Termine

So wie ein Hund die Angst eines Briefträgers riecht, so nehmen wir Menschen Emotionen über die Stimme wahr.

Niedergeschlagenheit gehört zur Emotionsfamilie Trauer. Bei Trauer verlässt uns die Körperspannung, hängende Schultern oder ein hängender Kopf sind hier häufig zu beobachten.

Trauer kann mehrere Auswirkungen auf die Stimme haben:

  • Durch den hängenden Kopf wird der Kehlkopf leicht unter Druck gesetzt. Dieses führt zu einer anderen Stimmlage.
  • Bei Trauer sinkt häufig die Lautstärke, die Stimme kann tiefer, dünner und leiser werden. Es fehlt hier der Druck und die Dynamik.

Im Jahr 2017 erscheint in der Ausgabe 72 des US-amerikanischen Fachmagazins „American Psychologist“ eine Studie von Michael Kraus. Er hat mit 1800 Probanden an der Yale –University eine Studie durchgeführt, die uns im Verkauf sehr interessieren muss:

Wenn Probanden den Gesprächspartner nicht sahen, sondern nur hörten, konnten sie dessen Emotion am genauesten wahrnehmen.

Denken wir kurz an telefonische Terminvereinbarungen oder Telefonverkauf. Hier haben wir genau diese Situation. Der Kunde sieht den Verkäufer nicht, er hört ihn nur.

(s. auch mein Podcast mit Lars Stetten: „Körpersprache, wenn Du nichts siehst“. Lars ist sehbehindert, sein primärer Sinneskanal ist das Hören)

Emotionale Nuancen werden in der Stimme wahrgenommen

Unser Kehlkopf hat eine nervliche Verbindung zu unserem Emotionszentrum. Eine Emotion, die sich entwickelt, schlägt uns sofort auf die Stimme. Bei Niedergeschlagenheit des Verkäufers wird die Veränderung in der Stimme nicht so deutlich sein, wie bei echter Trauer. Der Kunde würde aber bereits eine Niedergeschlagenheit wahrnehmen, die Stimme würde tiefer und langsamer.

Wenn sich ein Verkäufer unsicher fühlt, ist dieses in der Stimme wahrnehmbar. Unsicher sein gehört zur Emotionsfamilie Angst. Hierbei wird die Stimme höher und tendenziell schneller werden. Der Kunde nimmt die Nuancen wahr, so wie der Hund die Angst des Briefträgers riecht.

Sie möchten ein Beispiel?

Nehmen wir den Satz „Du bist ja richtig toll“. Sprechen Sie diesen Satz einmal neutral, emotionslos. Anschließend sprechen Sie ihn einmal ironisch, dann zynisch, dann erfreut und schließlich verärgert. Sie werden merken, wie Ihre Stimme sich der Stimmung anpasst.

Am Anfang ist der Gedanke

Zuerst denken wir. Anschließend formen wir einen Gedanken. Dieser Gedanke löst sofort eine Emotion aus. Diese wirkt sich sowohl auf Gestik und Mimik als auch auf die Stimme aus .

Wie komme ich zurück in die Energie?

Wir haben uns erst einmal einen Kaffee geholt. Das beruhigt, lenkt ab und gibt ein Abstand. Danach haben wir die Situation nach der Absage analysiert. Wir haben die beteiligten Personen sowie deren Motivation beurteilt und gemeinsam das Zielbild visualisiert. (exzellente Lektüre hierzu: Dan Roam: Draw To Win).

Visualisieren bedeutet bei mir wirklich zeichnen, auf dem DIN A4-Blatt, auf dem Flipchart oder auch auf einer Serviette. Zeichnen ist ein ausgelagerter Denkprozess, der uns zwingt, uns auf das Wesentliche zu fokussieren. So lassen sich, wie in diesem Fall, sehr schnell und vor allem sehr deutlich, die eigenen Stärken sichtbar machen.

Wir haben systematisch die Mitbewerber, deren Einfluss, deren Schwächen und unsere eigenen Stärken analysiert. Danach haben wir die Strategie für einen neuen Anruf festgelegt, um den Termin doch noch zu erhalten.

Bei dieser systematischen Arbeit kam wieder Leben und Selbstvertrauen in den Verkäufer. Seine Körpersprache wandelte sich von hängenden Schultern wieder zu aufrechtem Gang. Je mehr wir an seinen Stärken und an der Strategie gearbeitete haben, desto stärker ging seine Gestik und Mimik zurück in den Modus Attacke. Zu meiner Freude war dies auch in seiner Stimme hörbar. Sie war wieder fest und dynamisch. Seine Körpersprache war wieder überzeugend. Das Ergebnis des Anrufs? Natürlich hat er den Termin bekommen.

Welche zwei Dinge aus diesem Artikel nehmen Sie mit in Ihren Alltag?

Ich schlage Ihnen diese vor:

  • Telefonieren Sie nie mit hängenden Schultern.
  • Visualisieren Sie vor dem Telefonat (vor dem Gespräch) Ihr Ziel. Das bringt Sie sofort in Ihre Energie.